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So erkennen Sie Erdschlüsse in Ihrer PV-Anlage
Einleitung:
Erdschlüsse in PV-Anlagen gehören zu den häufigsten – und zugleich am schwersten zu findenden – Problemen, mit denen Techniker im Feld konfrontiert sind.
Sie entstehen oft unbemerkt, z. B. durch Nagetierschäden, Feuchtigkeitseintritt, UV-bedingte Isolationsschäden oder unsachgemäß verlegte Kabel. Bleiben sie unerkannt, können Erdschlüsse zu Wechselrichterabschaltungen, Ertragsverlusten oder sogar Bränden führen.
In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Sie mit einem einfachen Multimeter, grundlegenden Kenntnissen über das Spannungsverhalten und einer in der Praxis bewährten Methode einen Erdschluss in einem PV-String aufspüren können.
⚠️ Wichtiger Hinweis:
Diese Prüfung darf nur von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden. DC-Systeme können lebensgefährliche Spannungen führen. Achten Sie auf geeignete persönliche Schutzausrüstung (PSA) und stellen Sie sicher, dass das System vor Beginn der Messungen sicher vom Wechselrichter getrennt ist.
Das Problem verstehen:
Was ist ein Erdschluss?
Ein Erdschluss entsteht, wenn ein Leiter im DC-System unbeabsichtigt mit dem Erdpotential in Kontakt kommt. Dadurch entsteht ein Leckstrompfad, der Fehler in der Isolationsüberwachung auslösen, Überwachungssysteme abschalten oder die Sicherheitsmechanismen des Wechselrichters beeinträchtigen kann.
Zwar verfügen moderne Wechselrichter (wie z. B. die von Solis) über eine Isolationsüberwachung, diese kann jedoch nicht immer den genauen Ort des Fehlers bestimmen. Um die Fehlerquelle zu finden, sind Spannungsmessungen erforderlich.
⚠️ Gefahren & Sicherheitsvorkehrungen
Bevor Sie mit der Suche nach einem Erdschluss beginnen, beachten Sie unbedingt folgende Sicherheitshinweise:
⚡ 1. Lebensgefahr durch elektrischen Schlag
Auch wenn der Wechselrichter ausgeschaltet ist, stehen PV-Module bei Lichteinfall weiterhin unter Spannung.
Ein Erdschluss kann dazu führen, dass das Gestell oder andere Anlagenteile unter Spannung stehen – eine unsichtbare, aber tödliche Gefahr.
Trennen Sie den Wechselrichter und isolieren Sie den betroffenen PV-String vollständig von allen Stromquellen, bevor Sie Messungen durchführen.
Fassen Sie Kabel nur an der Isolierung an – niemals Rahmen, Modulrückseiten, Befestigungen oder Metallteile berühren.
2. Schutz des Messgeräts vor Beschädigung
Verwenden Sie ein Gleichspannungs-Multimeter mit einer Nennspannung von mindestens 1000 V DC (oder mindestens 600 V DC, falls angegeben), um Schäden durch Überspannung zu vermeiden.
Überspannung kann das Messgerät beschädigen und das Gehäuse unter Spannung setzen – es besteht Stromschlaggefahr.
3. Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Tragen Sie geeignete PSA: Isolierhandschuhe, Augenschutz, Gesichtsschutz, schwer entflammbare Kleidung – sowie Atemschutz, falls Sie Gehäuse öffnen oder reinigen.
Sperren Sie den Messbereich für unbefugte Personen ab.
⏱️ 4. Wartezeit nach Trennung
Warten Sie nach dem Abschalten und Isolieren eines Strings etwa 5 Minuten, um eine vollständige Entladung von Kondensatoren zu ermöglichen, bevor Sie Komponenten berühren.
5. Keine Wiedereinspeisung fehlerhafter Strings
Schließen Sie Strings mit Erdschluss nicht wieder an den Wechselrichter an, auch nicht zu Testzwecken.
Belassen Sie den AC-Leistungsschalter des Wechselrichters ausgeschaltet und den DC-Trennschalter (Isolator) in Stellung "AUS", bis der Fehler lokalisiert und vollständig behoben wurde.
6. Struktur- und Potenzialausgleich
Achten Sie darauf, dass alle Modulrahmen, Tragsysteme und Montagestrukturen ordnungsgemäß geerdet sind.
Für alle Kommunikations- oder Netzwerkkabel, die mit der PV-Anlage verbunden sind, ist ein Überspannungsschutz vorzusehen.
7. Brand- und Explosionsgefahr vermeiden
In seltenen Fällen können bei Fehlern explosive oder giftige Gase im Wechselrichtergehäuse entstehen.
Betätigen Sie keine DC-Schalter und öffnen Sie das Gehäuse nicht, bis es freigegeben ist.
Tragen Sie Atemschutz, wenn mit gefährlichen Rückständen zu rechnen ist.
Schritt-für-Schritt: So erkennen und lokalisieren Sie einen Erdschluss
Schritt 1: Erdschluss bestätigen
Zunächst isolieren Sie den verdächtigen String vom Wechselrichter.
Messen Sie die Spannung von:
Pluspol (+) zu Erde (PE)
Minuspol (−) zu Erde (PE)
Beispiel:
10 Module mit je 50 V → Gesamtspannung (Voc) ca. 500 V
In einem intakten, „frei schwebenden“ System liegt die Spannung von einem Pol zur Erde meist unter 30–40 V.
Wenn eine der beiden Spannungen deutlich höher ist, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Erdschluss vor.
Schritt 2:
Ortung des Fehlers – Methode mit einem einzigen Multimeter.
Messen Sie nun die Gesamtspannung des Strings (Voc) von Plus (+) zu Minus (−). Teilen Sie diesen Wert durch die Anzahl der Module, um die Spannung pro Modul zu ermitteln.
Beispiel:
Gesamt-Voc = 500 V
10 Module → 500 V / 10 = 50 V pro Modul
Wenn die Spannung von + nach Erde = 300 V beträgt:
→ 300 V / 50 V = 6 Module vom Pluspol aus
Wenn die Spannung von − nach Erde = 200 V beträgt:
→ 200 V / 50 V = 4 Module vom Minuspol aus
? Ergebnis: Der Fehler liegt zwischen Modul 6 und 7 – also genau in diesem Bereich sollte die Sichtprüfung beginnen.
Schritt 3:
Fehlerortung mit der Zwei-Multimeter-Methode (Spannungsteiler-Technik)
Diese Methode liefert eine präzisere Lokalisierung des Erdschlusses, da zwei identische Multimeter mit gleichem Innenwiderstand verwendet werden.
? Vorgehensweise:
Voltmeter 1: zwischen Pluspol (+) und einem gemeinsamen Punkt anschließen.
Voltmeter 2: zwischen Minuspol (−) und demselben gemeinsamen Punkt anschließen.
Erden Sie den gemeinsamen Punkt.
→ Dies bewirkt, dass sich die Spannungen auf beide Seiten gleichmäßig verteilen – nur bei einem intakten System.Lesen Sie die Spannungswerte beider Multimeter ab.
Beispiel 2:
Gesamte Stringspannung (Voc): 548 V
- Linkes Multimeter (− bis PE): 295,6 V
- Rechtes Multimeter (+ auf PE): 252,6 V
Berechnen Sie nun:
Fehlerort = (295,6 / 548) × 18 Module ≈ 9,7
→ Beginnen Sie mit der Prüfung zwischen Modul 9 und 10 vom negativen Ende.
Diese Methode bietet eine höhere Präzision und ist besonders bei längeren Strings nützlich.
Schlussfolgerung:
Erdschlüsse können frustrierend sein – aber mit den richtigen Werkzeugen und der richtigen Herangehensweise können sie schnell und genau lokalisiert werden. Bei Solis empfehlen wir diese spannungsbasierte Methode allen Außendiensttechnikern, die mit Isolations- oder Erdschlussfehlern zu tun haben.
Wenn Ihr Wechselrichter einen PV-ISO-Fehler meldet, geraten Sie nicht in Panik. Holen Sie sich Ihr Multimeter, isolieren Sie den String und folgen Sie dieser Anleitung Schritt für Schritt.